Gestern habe ich verstanden, warum meine Phalaenopsis Orchidee auch "Schmetterlingsorchidee" genannt wird. Es steckt ein kleiner Schmetterling mittendrin! Ich bin ganz aus dem Häuschen, das hatte ich noch nie gesehen! Oder vielmehr: wahrgenommen. Der Schmetterling ist ja schon immer da gewesen, ich hatte es nur nicht bemerkt.
Das lässt mich ins Nachdenken kommen. Ist es nicht so, dass in allen Dingen, Worten, Gedanken, Ideen, Gefühlen, ja, im gesamten Sein ein Schmetterling steckt? Ein Neubeginn, immer wieder?
Ich muss unwillkürlich an den Spruch denken: "- Es ist das Ende der Welt, sagte die Raupe. - Es ist erst der Anfang, sagte der Schmetterling." Ja, genau so ist es. Die Welt, wie sie war, ist nicht mehr da. Jeden Tag aufs Neue, in jedem Atemzug, wenn wir es genau nehmen. Unsere Wahrnehmung jedoch ist viel zu sehr damit beschäftigt, alles mit "dem Alten" abzugleichen, um das Erneuerte zu sehen.
Gerade jetzt, in Corona-Zeiten, ist es so intensiv zu spüren: das Alte hat aufgehört, das Neue hat begonnen. Ich bin mir selbst so nah gekommen wie selten zuvor, und das geht vermutlich allen so. In einem sehr begrenzten äußeren Rahmen - dem so genannten Lock Down - ist es meinem Inneren möglich gewesen, in eine Weite bisher ungekannten Ausmaßes zu gelangen. Ich bin so kreativ und zufrieden, dass ich mich kaum traue, mir selbst und meinen Wahrnehmungen zu glauben. Auf einmal kann ich alles, was ist, so sehr schätzen. Ich schätze sogar das Gefühl des Vermissens. Denn dieses Gefühl beinhaltet auch schon die Vorfreude. Auf alles, was kommen mag.
Und ich bin sicher, dass das, was noch kommt, einfach gut sein wird. Wenn wir es schaffen, den kleinen Schmetterling darin zu sehen. Und das ist es, was es heute von mir braucht: den Blick für Schmetterlinge zu entfalten!
(C) Copyright Johanna Wienzek
Kommentar schreiben